Freitag, 5. Oktober 2018

im Shinkansen bis fast auf die Insel Naoshima


5.10.18

Heute werden wir woanders übernachten und die Hauptinsel Honshu verlassen. Wir nehmen mit kleinem Gepäck den Shinkansen bis nach Okayama, steigen dann in den Marine Liner um. Mit diesem Zug fahren wir über spektakuläre Brücken, die die japanischen Inseln miteinander verbinden.
Endziel ist die kleine Insel Naoshima, die sich einen Namen durch Museen und Kunstprojekte gemacht hat. Sogar bis ins deutsche Fernsehen haben sie es geschafft.




Auf den Bahnsteigen geht es sehr ordentlich zu. Da die Züge zentimetergenau anhalten, sind auch nur genau da Ein- und Ausstiege möglich. Wagen 5 nach links, wagen 6 nach rechts. Die Warteschlangen stehen geordnet vor der Tür.
Die Fahrer und auch die Bahnsteigschaffner machen diverse Handbewegungen, die streng vorgeschriebene Abläufe beinhalten. Sinn der Sache ist, dadurch permanentes Aktivieren verschiedener Sinne höchste Konzentration herzustellen, um jegliche Unfälle zu vermeiden.



Die Shinkansen sehen faszinierend aus und sehen aus, wie frisch aus der Fabrik.



Wir düsen unserem Ziel entgegen, fahren durch Städte und Tunnel. Jedes freie Stück Land scheint als Feld benutzt zu werden. Reis wird offenbar mehrfach im Jahr angebaut und geerntet.







Als Japanneuling guckt man begeistert nach neuen Zügen. Die Vielfalt ist erstaunlich.
Wir steigen jetzt in Okayama um in den Mariner. Mit dem geht es über die tollen Brücken.





Nach dem Verlassen der Inselwelt werden Berge, kleinere Orte und Reisfelder häufiger.



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Auch der Zugführer macht in kurzen Abständen die obligatorischen Handbewegungen, immer in der absolut gleichen Reihenfolge.


In Takayama eilen wir zur Fähre, müssen vorher noch das Ticket besorgen und schaffen gerade eben in die "Red Bird" einzusteigen.


Schon vom Anleger aus entdeckt man das erste Kunstwerk, den Roten Kürbis.


Es dauert lange, bis sich manche Menschen mit und ohne Selfiestick in allen nur möglichen Varianten gegenseitig fotografiert haben. Immer hat man keine Lust zu warten.


Am Horizont drohen wieder einmal die Wolken.


Das blaue Werk steht an der Wartehalle, wo wir üben, uns mit Essen aus dem Automaten zu versorgen. D. h.an wählt sich dort Gerichte und Anzahl aus, wirft Geld ein, bekommt so viele Zettel wie man Teile bestellt hat, geht damit zu einer netten jungen Dame, die das Bestellte meist schon auf dem Tablett hat. Will man eine Flasche Wasser, wirft man einfach Geld in einen anderen Automaten, tippt auf das gewünschte Getränk, und schon fliegt es nach unten in eine Klappe. Es hat bei mir gedauert, bis ich kapiert habe, wo heißer Kaffee mit oder ohne Milch in der Plastikflasche rauskommt. Dumm gelaufen, wenn du eigentlich einen kalten Kaffee wolltest.


Wir nehmen nun den Stadtbus zu unserer Unterkunft. Christiane hat aufgepasst, ich wäre weitergefahren...
Nichts auf der Straße kennzeichnet das Gästehaus, als wir davor stehen, sind wir uns immer noch nicht sicher, dass es das ist. 
Wir bleiben 1 Nacht auf Naoshima und zwar im Guest House Domiyake.
Wir sind viel zu früh dran, aber die netten Vermieter lassen uns sofort in unsere Räume. Von der Fläche her haben wir viel zu viel Platz, aber das schadet ja nicht. Es gefällt uns recht gut.
Unsere Unterkunft hat ein eigenes Gärtchen. 
Geschlafen wird auf Futons, also auf dünnen Matten auf dem Boden. Stühle gibt es keine, nur eine Couch, die sich aber auch nicht durch Bequemlichkeit auszeichnet. WC haben wir für uns, das Badezimmer ist für alle. 




Wir haben nicht viel Zeit, stellen das Gepäck ab und ziehen wieder los. Der nächste Taifun, Kong-ray, ist im Anzug, und es ist noch unklar, welche Richtung er genau nehmen wird.
Unsere Unterkunft liegt in dem kleinen Örtchen Honmura. Hier konzentrieren sich eine Menge Sehenswürdigkeiten.
In ehemals bewohnten Häusern hat man diverse Kunstprojekte installiert. Von außen ist meist nichts zu erkennen. Drinnen herrscht striktes Fotografierverbot, worauf mal mehr und dann sehr streng, mal aber auch kaum geachtet wird.
Im Ando Museum sollen sich manche Besucher stundenlang aufhalten, liest mir Christiane vor.
Wir brauchen nicht so lange. In einer Betonkonstruktion geht man einmal eine Halbtreppe hinunter in einen Raum mit wenig Lichteinfall. Eine andere steile Treppe führt in die Tiefe, von diesem Raum aus gibt es einen interessanten Blick auf schmales Licht rund, senkrecht und waagerecht.
Oben kann man lesen, wie alles geplant wurde.


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Im kleines Eingangshof des eigentlich auch sehr kleinen Häuschens steht dieser Lichtkegel, der offenbar das Licht in den Keller projiziert.


Am Eingang hängen bunte Tücher, die sich im Wind bewegen. Traditionell scheinen sie vor den Türen zu hängen, aber die neue Zeit hat auch in Japan nicht alles so gelassen, wie es früher war.
In der Stadt hängen sie oft vor kleineren Lokalen.
Im Haus unten bekommt man nur alle 15 Minuten Einlass, dann in Gruppe. Man tastet sich in völliger Dunkelheit an der Wand entlang, setzt sich hin und starrt möglichst lautlos etwa 8 Minuten vor sich in die Dunkelheit.
Danach wird man aufgefordert, in diese Dunkelheit hineinzugehen. Zuerst habe ich es nicht kapiert, weil das Englisch so verquer war. Am Ausgang stieß ich mit Christiane zusammen, der es genauso ergangen war.
Dann habe ich mich neugierig doch noch vorgeschoben und landete in einer quasselnden Menge, die in extrem geringem Licht stand, sodass man nur Schemen erkennen konnte. Später habe ich mir erklären lassen, dass das Wesentliche hier sei, dass dieser Hauch von Licht nicht künstlich erzeugt sei, sondern durch einen kleinen Schlitz in der Decke der Dachkonstruktion entsteht und der Prozess sei, nach 10 Minuten Dunkelheit langsam in das Licht zu finden.


Um die nächste Sehenswürdigkeit zu erreichen, heißt es einen Hügel schwitzend zu erklimmen. Aber man wird belohnt!
Den kleinen Shintoschrein davor - ein Hügel zusätzlich- kann ich natürlich nicht auslassen.

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Der Go'o Shrine wurde 2002 zum Kunstwerk. Hier stand ein alter Schrein aus der Edo- Periode (ca 1600- 1865).
Dieses Kunstwerk hat mir sehr gefallen. Die gläsernen Treppenstufen geben einem die Illusion, sie seinen Eisblöcke.





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Ich habe wohl durch langes Betrachten genügend Interesse gezeigt. Der Wärter schickt mich nämlich nicht die Treppen runter in den Ort, sondern drückt mir eine große Taschenlampe in die Hand und deutet in Richtung Wald.
Ich komme an einen Eingang und beleuchte meinen Weg in die Tiefe des Berges. Am Ende eine Biegung nach rechts, und schon stehe ich vor einer weiteren Glastreppe, über die Wasser in einen winzigen Tümpel davor läuft. Beeindruckend und absolut still.

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Wenn man rauskommt, blickt man auf das Meer. Der Wind hat zugenommen, die Büsche werden tüchtig gerüttelt. Das Innere des Hügels hat etwas mit alten Begräbnisstätten zu tun. Aber ich schaffe es wieder einmal nicht, all das nachzulesen...


Wieder unten in Honmura gehe ich in die ehemalige Wohn- und Arbeitsstätte eines Zahnarztes. Im Haushalt sind verschiedene Objekte aufgestellt, an die Wand oder den Boden gebracht. Eine interessante Sache. Eigentlich wird fast immer bei allen Objekten mit dem Licht experimentiert.





Im Kadoya, einem 200 Jahre alten Haus wird mit Licht, Wasser und LED Lampen experimentiert.



Außen an diversen Wohnhäusern sind quer über den Ort verteilt ebenfalls kleine Kunstwerke angebracht.


Man kann problemlos Fahrräder mieten, mit und ohne Elektroantrieb.


Das Gokaisho liegt nicht sehr weit von unserer Unterkunft und soll an Go-Spieler erinnern.



Das obere Bild zeigt einen Blick über die Mauer.




Im Ort gibt es kleine Bäche und wunderschöne Steinbrücken. Das sind in meinen Augen auch echte Kunstwerke.
Auf der Suche nach weiteren Honmura Art House Projekten komme ich an einer der wenigen offen stehenden Türen vorbei. Da die Projekte nur minimalistisch gekennzeichnet sind, habe ich mich gefragt, ob dies das nächste Projekt sei, bin ich durch die niedrige Hauspforte eingetreten und stand offensichtlich in einem privaten Garten. Der war wunderbar gepflegt und kein Mensch war sichtbar. Also bin ich schnell wieder raus, nicht ohne eine Aufnahme der Pracht mitzunehmen.




Im Ishibashi- Haus lebte die gleichnamige Familie, die durch Salzhandel zu Wohlstand kam. Das Projekt ist sehr schlicht gehalten.




Vor der Türe wächst wie überall hier in der Gegend jede Menge Obst. Ich habe schon Feigen, Apfelsinen, Pampelmusen, Kakis, Weintrauben, Äpfel etc. gesehen.
Hier steht ein voll behangener Kakibaum, daneben Pampelmusen.



Noch weiter? Bald sind die Füße lahm...


Nun habe ich meine 6 Stempel auf der Eintrittskarte, das Ando ging extra. Ich muss langsam mal etwas essen. An dem schönen Wartehäuschen/ Fahrradparkplatz muss ich erst einmal das Licht beobachten.
In Honmura stehen Häuser, die über 400 Jahre alt sind. Die Gegend hat früher offenbar politisch und religiös eine große Rolle in der Region inne gehabt.
Durch die Errichtung von Kunstobjekten in leer stehenden Häusern wird dem allen wieder Leben eingehaucht. Bevor man die Insel sozusagen zum Kunstprojekt umfunktioniert hat, litt sie unter starker Abwanderung und ganz besonders unter der Überalterung der Bevölkerung. Jetzt kommen zwar sehr viele Touristen, trotzdem wirkt alles etwas verschlafen, und die Bürgersteige werden früh am Abend hochgeklappt.



Es wird dunkel, die Straßen sind schon leer.


Dieses junge Paar serviert noch bis 18 Uhr leckere Gerichte und sogar alkoholfreies Bier! Ich bekomme ein leckeres Curry mit Meeresfrüchten.





Die Kugeln werden immer schöner. Ich könnte hier die ganze Nacht sitzen bleiben.






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