Samstag, 20. Oktober 2018

Strohdächer in den Bergen

20.10.18

Beim Frühstück ist es heute entspannter als gestern.
Da traue ich mich mal an Nattō ran.
Hergestellt wird es aus Sojabohnen und ist ein traditionelles japanisches Gericht.
In früheren Zeiten muss es sehr gestunken haben. Da wurde es noch in Reisstroh gewickelt mit Hilfe eines bestimmten Bakteriums fermentiert.
Heute werden die Bohnen nach dem Kochen mit den Bakterien geimpft, und der üble Geruch entfällt. Was aber bleibt, ist der fädenziehende Schleim.
Da Christiane es isst, ohne mit der Wimper zu Zucken, nehme ich mir auch eine kleine Portion. Und es stimmt. Schmeckt höchstens ein bisschen nach Bohne, aber keinesfalls schlecht. Es soll sehr gesund sein!
Man gibt 2 Gewürze dazu, rührt mit den Stäbchen blitzschnell mehrfach um. Dabei schäumt es und scheint zusammen zu klumpen. Sobald man ein bisschen davon zum Mund führt, hat man die ellenlangen Schleimfäden zwischen sich und dem Töpfchen, in dem es serviert wird.
Die Japaner haben den Dreh raus. Sie halten das Töpfchen ganz nahe am Mund, schieben mit den Stäbchen das Zeugs in den Mund und fuchteln sich dann so lange im Kreis vor dem Gesicht herum, bis sie die spinnwebenartigen klebrigen Fäden alle eingefangen haben.


Um 8 Uhr 30 sitzen wir im Bus nach Shiragawa- Go.
Das Dorf ist zusammen mit Gokayama - einem Ort in der Nähe - 1995 Weltkulturerbe geworden.
Das bringt den Einwohnern Arbeit und Einnahmen, aber auch Heerscharen an Touristen.

Es liegt in den japanischen Alpen, in denen der Schnee im Winter meterhoch liegen soll. Geographisch liegt es zwischen Kanazawa, vor wir zuletzt übernachtet hatten und Takayama, wo wir zur Zeit einquartiert sind.
Berühmt sind beide Orte wegen ihrer dicken steilen Reetdächer im "Gassho- Zukuri- Stil" - (Stil der gefalteten Hände), die die Funktion haben, die Schneemassen abgleiten zu lassen.
Die Fahrt ist sehr interessant. Ein Tunnel folgt auf den anderen.


Der Frühnebel hängt noch über dem Tal, als wir zu den Sehenswürdigkeiten laufen.




Friedhof, Schrein, Teiche und Reisfelder liegen nah beieinander.
Wir sind nicht die einzigen Touristen hier. Auch ein großer Hund darf mit zur Besichtigung. Schließlich war er sehr brav und hat sich sein Röckchen anziehen lassen.








Die allgegenwärtigen Kakibäume tragen auch hier schwer an ihren leuchtend orangenen Früchten. Man trocknet Kakis, indem man sie am Stiel auffädelt und an einer Leine in die frische Luft hängt. Sowohl in Kanazawa, als auch in Takayama habe ich sie hängen gesehen.
Die Bienen Japans scheinen sehr fleißig zu sein.




Das Bild ist von einem Plakat abfotografiert. Es zeigt die Einwohner in vergangenen Zeiten beim gemeinschaftlichen Dachdecken.


Mehrere Wohnhäuser können gegen Eintrittsgebühr besichtigt werden. Auch wenn sie sich ähneln, so sind sie im Detail doch unterschiedlich.
Die größten haben glaube ich 3 bis 4 Stockwerke, und natürlich wohnten dort die wohlhabendsten Einwohner des Dorfes.
Neben Landwirtschaft wurde früher Seidenraupenzucht betrieben.
Diese Tiere brauchen verschiedene Temperaturen während ihres Wachstums.
Nach oben hin wird es in den Häusern immer kühler, so konnte man sie einfach in den verschiedenen Etagen lagern.
Eine Kamin gab es nicht. Wie auch schon in den alten Wohnhäusern in Takayama hatte man eine in den Boden eingelassene Feuerstelle, den Irori. Darüber hingen dann der Topf oder ein Wasserkessel, der Rauch verteilte sich im ganzen Haus.
In manchen Häusern riecht es bis in das oberste Dachgeschoss nach geräuchertem Holz. Ganz oben werden heute alte landwirtschaftliche Gerätschaften gezeigt, auch viele Gitternetze, die an heutige Wäschetrockner erinnern. Jedenfalls sind es riesige Bodenflächen, die dem Hausherrn hier als Lagerstätten zur Verfügung standen.


Aus der offenen Dach hat man einen schönen Blick in die Landschaft und den nächsten Kakibaum. Beim Blick ins Innere sieht man die komplizierten Verschnürungen, die alles zuverlässig zusammen halten.




Es nieselt unentwegt. Da mache ich eine kurze Pause bei dem jungen Mann. Immerhin kann man sich auf ein schmales Bänkchen unter dem Dachüberstand setzen. Er verkauft Reisbällchen, die sehr beliebt sind und Reiskuchen. Diese werden kurz in eine Sojasaucenmischung getaucht und dann gegrillt. Sie haben mir besser geschmeckt als die Bällchen.


Ich bin noch lange nicht überall gewesen. Wetter hin oder her. Ich laufe weiter.




Ganz begeistert sind die Besucher von dem üppig gefärbten Laub. Die Hausgärten, in denen die Pflanzen direkt unter der Folie gezogen werden finden keine Beachtung.



Fast am Ende des Ortes mache ich kehrt. Zu den Museumshäusern schaffe ich es nicht mehr. Die liegen auf der anderen Seite des Flusses, und über die Brücke kommen Heerscharen von frisch aus dem Bussen entladenen Touristen. Bis ich mich da im Gegenverkehr hindurch gekämpft hätte, wäre ich völlig erschöpft. Da gehe ich lieber noch ein bisschen durch die Straßen.





Das schönste und größte von mir besuchte Gebäude ist der Tempel Myozen-Ji.
Er fungierte als Wohngebäude des Priesters und ist über 200 Jahre alt.
Durch den ständigen leichten Nieselregen bin ich schon ziemlich durchgefroren und begeistert, dass ich mich am Feuer kurz aufwärmen kann.


Wir sind gegen 10 angekommen und haben Fahrkarten für den Bus zurück um 14.30. eine Viertelstunde vor Abfahrt fängt es richtig an zu regnen.
Wir sind nicht böse, dass unsere Zeit nun um ist.

Jetzt geht es wieder auf Tunnelfahrt. Ich habe etwa 10 Tunnel gezählt. Einer jagt den nächsten. Mehrfach sind nur vielleicht 300m Zwischenraum zwischen dem Rauskommen und Reinfahren. Bei einem konnte ich die Tunnellänge von 4,3 km lesen. Aber das war nicht der längste. Im längsten waren wir 10 Minuten bei flotter Fahrweise. Deutlich mehr als die Hälfte der 40- minütigen Fahrtzeit durchfahren wird Tunnel.
Es gibt nur eine Spur pro Richtung, auf einer Seite könnte man notfalls erhöht laufen. Ausweichbuchten habe ich nur wenige gesehen. Die beiden Fahrbahnen sind durch Stäbe getrennt. Ich nehme an, dass die elastisch sind, damit im Notfall Hilfe durchkommen kann.

Auch in Takayama ist es frisch. Den Mantel muss ich weiterhin zugeknöpft lassen, mache noch eine Runde, bevor ich ins Hotel gehe, denn 1x angekommen, würde ich mich sicher nicht mehr fortbewegen.
Ein Tempel liegt am Wegesrand, das ist immer einen kleinen Schwenk wert. Die kleinen Püppchen, die man den Figuren auf den Schoß gesetzt hat, sind..... diese seien schon in alten Zeiten von Grossmüttern und Müttern ihren Töchtern zur Hochzeit mitgegeben worden. Sie sollen eine glückliche Ehe und was auch noch alles an Glück bescheren. Heute werden sie massenhaft als Souvenirartikel vermarktet.




An den Brücken erlebe ich immer wieder neue Überraschungen. Hier sind 2 interessante Skulpturen auf den gegenüberliegenden Seiten platziert.



Ich gehe noch einmal in die Gasse, die gestern Abend schon fast dunkel war. Heute ist sie mir zu voll und zu touristisch. Ein Geschäft reiht sich ans andere.


In winzigen Imbissbuden wird alles mögliche angeboten. Gestern habe ich Klöße gegessen, heute probiere ich einen Spieß mit Hida- Rindfleisch. Es ist sehr zart und gut gewürzt! Die Leute stehen Schlange.
Ich probiere auch noch einmal Sake und lasse mir sagen, dass der Alkoholgehalt bei 15-16% liegt. Gestern Abend habe ich mir bei der Sakeprobe immer nur Tröpfchen eingegossen, weil ich nicht ins Hotel wanken wollte. Da hätte ich eigentlich richtig zulangen sollen.


Dieses Geschäft hat sich auf Hasensouvenirs spezialisiert. Die handgemachten Tierchen haben ihren Preis.



Der Gouverneurspalast macht mir um 17. 01 die Türe vor der Nase zu. Vielleicht schaffe ich es morgen früh noch mit einem Besuch, Christiane hat davon geschwärmt.
Jetzt trennen mich noch der Fluss, die Brücke und das Abendrot vom Hotel.



Ein bisschen Energie für den Rest des Tages versuche ich im warmen Wasser auf dem Dach des Hauses zu tanken.
Morgen geht es nach Tokio.


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