Sonntag, 7. Oktober 2018

Tempel und Philosophen


7.10.18

Heute wird getrödelt. Zumindest am Vormittag.
Mittags essen wir im Bahnhof eine Nudelsuppe und steigen in den Bus zum Ginkakuji, manchmal auch der Tempel des Silbernen Pavillons genannt. Erbaut wurde er 1492 als Altersruhesitz eines Shoguns, war nie versilbert. Er gilt als gutes Beispiel für Harmonie und Geometrie im Garten.
Es ist Sonntag und schon von weitem erschreckt mich die Menschenmenge.


Beim Weg zum Tempel verläuft es sich dann etwas, um sich dann im Tempel auf den vorgeschriebenen Wegen zu drängen. Ich glaube, ich brauche heute mehr Ruhe. Aber erstmal geht's hinein in den Trubel. Vorher stärken wir uns noch mit einem leckeren Grüntee- Softeis.


Zwischen den Wegen ist der Kies sorgfältig in Spiralen und in Linien geharkt.
Im See des "Silbersandes" (Ginshadan) liegt die "Mondschauplattform" (Kõgetsudai). Die hellen Farben des Sandes sollen mit den dunklen Holzgebäuden des Kannõn-den kontrastieren. Ganz steige ich bei diesem Thema allerdings nicht durch, vielleicht gibt es auch ganz andere Erklärungen dafür. Man kann ja nicht alles wissen...



Der Tempel ist aus Zedernholz, was im Mondlicht silbern schimmern soll. Es gibt aber noch verschiedene andere Theorien, wie der Tempel zu seinem Namen gekommen ist. Es könnte auch ein Scherz- Wort für ihn sein, da er in Konkurrenz steht mit dem goldenenTempel in Kyoto. Familiäre Sticheleien könnten eine Rolle gespielt haben.



Vor dem Tempel finden die üblichen Fotografierorgien statt. Wenn man sich zwischen den Bäumen bewegt, wird es stellenweiser ruhiger, außerdem verziehen sich die Gruppen schnell. Die paar Sekunden muss man dann sofort ausnutzen, damit man nicht nur Menschen auf dem Foto hat.
Für einen Aufstieg zum kleinen Aussichtspunkt werde ich mit einem schönen Blick belohnt. Die Menge der bunten Blättern nimmt täglich zu. Das Moos liegt wie eine zweite Haut auf den Böden. Ab und zu arbeitet sich ein kleiner Pilz an die frische Luft.
Die knorrigen alten Bäume könnten viel erzählen...




Die Laubfärbung kommt langsam in Gang.




Ich habe heute genug vom Tempel gesehen und bewege mich in Richtung Ausgang.




Der Strom an Besuchern scheint nicht aufzuhören.


Ich entscheide mich, den Philosophenpfad zu gehen, ohne zu wissen, wie lang er ist. Die früh einsetzende Dunkelheit und die Mücken sitzen mir im Nacken. Der Weg soll zu den 100 schönsten Spazierwegen Japans gehören. Anfangs ist er voll und es wird laut geschnattert. Mit zunehmender Strecke wird es ruhiger.
Besonders schön soll er zu Zeiten der Kirschblüte, zur Laubfärbung und bei Schneefall sein. Dann treibt es auch die Japaner zu Hauf hierher.
Am Wegesrand gibt es gelegentlich ein kleines Café oder einen kleinen Laden, oder man hat einen kleinen Schrein aufgestellt.




Immer wieder könnte man zu einem Schrein abbiegen. Da es aber bergauf geht und ich nicht im Dunkeln hier entlang spazieren möchte, biege ich nur einmal ab. Von außen sieht es nett aus, aber statt eines Schreins, ist dies eher ein Ort des Kommerzes. Im hübschen Teehaus sitzen die Menschen und starren auf ihre Smartphones, statt den Blick auf dem schönen Garten ruhen zu lassen, und am Ende des Gartens kann man seine Kreditkarte für Souvenirs zücken.



Ich laufe weiter...




Eine Katze hat es sich im Abendrot gemütlich gemacht.


Ich bin offenbar am Ende des Weges angelangt und schaue mir den wirklich schönen, aber untouristischen Schrein an, bevor ich mich auf die Suche nach einer Bushaltestelle begebe.










Nicht nur der Weg ist schön im Abendrot, auch das Warten an der Bushaltestelle wird dadurch vergoldet.
Nur dass ich schon wieder die 45 Minuten, die der Bus zum Bahnhof braucht, stehen muss, gefällt mir nicht ganz so gut, kann mir den Tag aber nicht verderben!


Im Bahnhof kaufe ich mir mein Abendessen, was ich dann in der Tüte mit ins Hotel trage. Die Verkäuferinnen und die Kunden hinter mir haben sich köstlich amüsiert, als ich erklärt habe, ich müsse erst einmal abfotografieren, was ich mir da gekauft habe.



Die beiden unteren Chimaki habe ich gekauft. Das sind warme Reisballen, aus zusammengepresstem Klebereis, gewürzt mit verschiedenen Zutaten.
Mir fällt es oft schwer, die Zutaten heraus zu schmecken. Es hat ganz gut geschmeckt, aber einmal reicht. Macht ziemlich satt. Jedes Teil ist extra in ein großes Stück Bananenblatt eingewickelt und kunstvoll mit einem Band umwickelt.
Der Bezahlvorgang zieht sich hier ziemlich in die Länge. Hat man z.B. 5 Teile gekauft, so wird alles immer zuerst rückbestätigt, dann auf den Tresen gelegt, dann einzeln eingepackt und nebeneinander gelegt.
Danach bekommt man die Rechnung gezeigt, darf nicken, wenn es stimmt. Auf jedes einzelne Teil wird nun mit der ganzen Hand gezeigt, es wird benannt und der Preis dazu gesagt.
Erst wenn der Kunde zu allem genickt hat, kommen die vielen kleinen Tüten in eine größere Tüte, die der Kunde gereicht bekommt, natürlich mit einer abschließenden Verbeugung.
Das muss ein sehr anstrengender Job sein. An diesem Stand sind regelmäßig lange Schlangen, die Menschen arbeiten nonstop.
Auf der Rechnung könnte ich nun kontrollieren, ob alles stimmt. Wenn ich der japanischen Sprache mächtig wäre...





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